# DE 0005
Es ist vom Prinzip her ziemlich einfach ein philosophisches Problem zu lösen: Man braucht nur zu zeigen, dass es kein Problem ist. In der Praxis ist es dann freilich meistens sehr schwierig, das erfolgreich umzusetzen. Ich will mein Glück zunächst mit dem zuletzt aufgezeigten Problem versuchen: Wie kann das Denken von der Sprache abhängig sein, wenn wir ohne Zugriff auf sprachliche Mittel den richtigen sprachlichen Ausdruck für einen noch nicht sprachlich ausgedrückten Gedanken finden können?
Ich denke, wir können in diesem Fall, wie so oft, das Problem zum Verschwinden bringen, indem wir genauer zusehen, womit wir es hier wirklich zu tun haben, und uns nicht von sprachlichen Analogien verführen lassen, die die wahren Verhältnisse verschleiern oder verzerren.
Wie wir den richtigen Ausdruck, die richtige Harmonie, den nächsten Schritt im Beweis finden, ist nichts, was wir bewusst oder in der Sprache nachvollziehen können. Es ist ein tiefes Geheimnis, wie wir das machen. Dieser geheimnisvolle Vorgang soll nun sein, was das Wort 'denken' eigentlich bezeichnet.
Wittgenstein behandelt unsere Frage ziemlich wörtlich in § 335 und den folgenden in Philosophische Untersuchungen. Ich werde mir nun erlauben ihn zu zitieren, auch wenn das Zitat, so aus dem Zusammenhang gerissen, wahrscheinlich nicht ganz leicht zu verstehen ist:
335. Was geschieht, wenn wir uns bemühen - etwa beim Schreiben eines Briefes - den richtigen Ausdruck für unsere Gedanken zu finden? - Diese Redeweise vergleicht den Vorgang dem einer Übersetzung, oder Beschreibung: Die Gedanken sind da (etwa schon vorher), und wir suchen nur noch nach ihrem Ausdruck. Dieses Bild trifft für verschiedene Fälle mehr oder weniger zu. - Aber was kann hier nicht alles geschehen? - Ich gebe mich einer Stimmung hin, und der Ausdruck kommt. Oder: es schwebt mir ein Bild vor, das ich zu beschreiben trachte. Oder: es fiel mir ein englischer Ausdruck ein, und ich will mich auf den entsprechenden deutschen besinnen. Oder: ich mache eine Gebärde, und frage mich: "Welches sind die Worte, die dieser Gebärde entsprechen?" Etc.
Wenn man nun fragte "Hast du den Gedanken, ehe du den Ausdruck hattest?" - was müsste man da antworten? Und was auf die Frage: "Worin bestand der Gedanke, wie er vor dem Ausdruck vorhanden war?"
[...]
337. Aber habe ich nicht die Gesamtform des Satzes, z.B., schon an seinem Anfang beabsichtigt? Also war er mir doch schon im Geiste, ehe er noch ausgesprochen war! - Wenn er mir im Geiste war, dann, im allgemeinen, nicht mit anderer Wortstellung. Aber wir machen uns hier wieder ein irreführendes Bild vom 'Beabsichtigen'; d.h., vom Gebrauch dieses Worts. Die Absicht ist eingebettet in der Situation, den menschlichen Gepflogenheiten und Institutionen. Gäbe es nicht die Technik des Schachspiels, so könnte ich nicht beabsichtigen, eine Schachpartie zu spielen. Soweit ich die Satzform im voraus beabsichtigte, ist dies dadurch ermöglicht, dass ich deutsch sprechen kann.
338. Man kann doch nur etwas sagen, wenn man sprechen gelernt hat. Wer also etwas sagen will, muss dazu auch gelernt haben, eine Sprache zu beherrschen; und doch ist klar, dass er beim Sprechenwollen nicht sprechen musste. Wie er auch beim Tanzenwollen nicht tanzt.
Und wenn man darüber nachdenkt, so greift der Geist nach der Vorstellung des Tanzens, Redens, etc.
339. Denken ist kein unkörperlicher Vorgang, der dem Reden Leben und Sinn leiht, und den man vom Reden ablösen könnte, gleichsam wie der Böse den Schatten Schlemihls vom Boden abnimmt. - Aber wie: "kein unkörperlicher Vorgang"? Kenne ich also unkörperliche Vorgänge, das Denken aber ist nicht einer von ihnen? Nein; das Wort "unkörperlicher Vorgang" nahm ich mir zu Hilfe, in meiner Verlegenheit, da ich die Bedeutung des Wortes "denken" auf primitive Weise erklären wollte.
Man könnte aber sagen "Denken ist ein unkörperlicher Vorgang", wenn man dadurch die Grammatik des Wortes "denken" von der des Wortes "essen" z.B., unterscheiden will. Nur erscheint der Unterschied der Bedeutung zu gering. (Ähnlich ist es, wenn man sagt: die Zahlzeichen seien wirkliche, die Zahlen nicht-wirkliche Gegenstände.) Eine unpassende Ausdrucksweise ist ein sicheres Mittel, in einer Verwirrung stecken zu bleiben. Sie verriegelt gleichsam den Ausweg aus ihr.
340. Wie ein Wort funktioniert, kann man nicht erraten. Man muss seine Anwendung ansehen und daraus lernen.
Die Schwierigkeit aber ist, das Vorurteil zu beseitigen, das diesem Lernen entgegensteht. Es ist kein dummes Vorurteil.
Und noch ein kurzes das hierher passt:
383. Wir analysieren nicht ein Phänomen (z. B. das Denken), sondern einen Begriff (z.B. des Denkens) und also die Anwendung eines Worts. So kann es scheinen, als wäre, was wir treiben, Nominalismus. Nominalisten machen den Fehler, dass sie alle Wörter als Namen deuten, also ihre Verwendung nicht wirklich beschreiben, sondern sozusagen nur eine papierene Anweisung auf so eine Beschreibung geben.
384. Den Begriff 'Schmerz' hast du mit der Sprache gelernt.
[Die Rechtsschreibung in den Zitaten ist an die moderne Rechtschreibung angepasst.]
Diese Zitate, und überhaupt das Argument in dem heutigen Beitrag, nehmen eine Hypothek auf die Antwort, die ich zum ersten Problem zu geben verspreche, um das zweite Problem aufzulösen, wenn man vielleicht auch schon ahnt, wie die Behandlung des ersten Problems aussehen wird. Das heißt, man muss mir hier glauben, dass unsere Fähigkeit zu denken wesentlich zusammenhängt mit unserer Fähigkeit zu sprechen; jedenfalls konzentriere ich mich hier auf das andere Problem: "Denken ist ein geheimnisvoller Vorgang". Ich denke die obigen Zitate haben weitgehend die Bühne vorbereitet dafür, was als nächstes kommen muss - ich muss nur noch die Fäden zusammenführen; oder jedenfalls hoffe ich das.
Tuesday, May 10, 2016
Monday, May 9, 2016
DE 0004 Sprache und Denken
DE 0004
Ich will mich nicht dazu äußern, ob das Bild, das ich in meinem letzten Beitrag versucht habe zu zeichnen, richtig oder falsch ist. Bei so einem Bild kommt es mehr darauf an, was man damit macht. Und wenn man mit seiner Hilfe versucht den Zusammenhang von Sprache und Denken zu verstehen, ist die Frage, die wir beantworten müssen, ob dieses Bild dabei hilfreich ist.
Ein erstes Problem, will mir scheinen, besteht darin, dass das Bild den Eindruck nahe legt, dass das, was das Zeitwort 'denken' bezeichnet, eine bestimmte Tätigkeit ist, so ähnlich wie 'laufen' oder 'eine Weinflasche entkorken'. Es ist freilich so, dass wir die Fähigkeit zu laufen mit den Tieren teilen, und die Fähigkeit eine Weinflasche zu entkorken kann man mit Sicherheit zur Not einem Bonobo beibringen. Warum sollte es beim Denken anders sein? - ich meine, anders zum Beispiel, als mit dem Laufen.
Es liegt nahe den Zusammenhang zwischen Sprache und Wirklichkeit damit zu erklären, dass die Sprache sich aus Zeichen zusammensetzt, die für Dinge in der Wirklichkeit stehen. 'Weinflasche' steht für eine Weinflasche, und 'entkorken' für die Tätigkeit den Korken aus der Weinflasche zu ziehen. Dann steht eben 'denken' auch für eine bestimmte, mehr oder weniger fest umrissene Tätigkeit, die allerdings nicht sichtbar ist, sondern vielleicht im Kopf der jeweils denkenden Person abläuft. Wenn das so ist, dann kann man sie vielleicht sogar indirekt sichtbar machen, so ähnlich wie wir die subatomaren Teilchen aufgrund ihrer Dampfspuren im Teilchenbeschleuniger indirekt sichtbar machen: durch messbare elektromagnetische Ströme im Zentralnervensystem.
Den ersten Teil dieses Bildes finden wir übrigens z.B. im Tractatus als sogenannte Bildertheorie der Sprache, nach der die Elementarsätze logische Abbilder der Beziehung zwischen den in den Sachverhalten logisch verknüpften Gegenständen sind - wenn man davon absieht, dass Weinflaschen und Korken keine Gegenstände im Sinne des Tractatus sind, zumal sie nicht einfach in seinem Sinn sind. Und natürlich zitiert Wittgenstein in Philosophische Untersuchungen gleich am Anfang den heiligen Augustinus mit einer ähnlichen Sprachtheorie. Mit dem zweiten Teil könnten sich wenigstens ungefähr manche Proponenten der Philosophie des Geistes identifizieren.
Bevor ich nun hier fortsetze, muss ich das im letzten Beitrag gezeichnete Bild ergänzen. Was die Ablehnung der Idee, dass das Denken wesentlich auf der menschlichen Sprache beruht, auch noch motiviert, ist zusätzlich die Beobachtung, dass das Denken ein psychologischer Vorgang ist, der sprachlos ablaufen muss, da sonst nicht zu erklären wäre, dass wir manchmal wissen, was wir sagen wollen, aber den richtigen sprachlichen Ausdruck dafür nicht finden. Da ich mit minderer oder größerer Frequenz an Migräne leide, kann ich ein Lied davon singen, das über die Erfahrung kämpfender Aufsatzschreiber hinausgeht: ich weiß dann häufig ganz genau, was ich sagen will, aber das Nervensystem, das den Wunsch mit seiner Ausführung verbinden sollte, ist dann manchmal lahmgelegt. Ich kann dann nicht einmal sagen, dass ich wegen meiner Migräne nicht sprechen kann, so sehr ich gelegentlich ziemlich verzweifelt versucht habe, genau das zu tun (was mir erspart in eine Art von Lügnerparadox zu verfallen). Es geht aber bei dem Einwand in Wahrheit nicht um eine quasi mechanische Verhinderung, sondern um das Erfassen eines schöpferischen Aktes, in dem wir z. B. die richtigen Worte für ein Gedicht suchen oder eine Harmonie für eine Komposition; oder den Beweis einer mathematischen Theorie: keiner dieser schöpferischen Vorgänge läuft nach einer Formel ab. Wie immer der Zusammenhang zwischen Denken und Sprache sein mag, wir können nicht, z.B. durch Selbstbeobachtung entdecken, wie wir das richtige Wort, die richtige Harmonie, oder den mathematischen Beweis finden.
Im Moment ist das Problem, dem wir uns zu stellen haben, größer geworden. Ich hoffe wir können es in den nächsten paar Beiträgen nach und nach zum Verschwinden bringen.
Ich will mich nicht dazu äußern, ob das Bild, das ich in meinem letzten Beitrag versucht habe zu zeichnen, richtig oder falsch ist. Bei so einem Bild kommt es mehr darauf an, was man damit macht. Und wenn man mit seiner Hilfe versucht den Zusammenhang von Sprache und Denken zu verstehen, ist die Frage, die wir beantworten müssen, ob dieses Bild dabei hilfreich ist.
Ein erstes Problem, will mir scheinen, besteht darin, dass das Bild den Eindruck nahe legt, dass das, was das Zeitwort 'denken' bezeichnet, eine bestimmte Tätigkeit ist, so ähnlich wie 'laufen' oder 'eine Weinflasche entkorken'. Es ist freilich so, dass wir die Fähigkeit zu laufen mit den Tieren teilen, und die Fähigkeit eine Weinflasche zu entkorken kann man mit Sicherheit zur Not einem Bonobo beibringen. Warum sollte es beim Denken anders sein? - ich meine, anders zum Beispiel, als mit dem Laufen.
Es liegt nahe den Zusammenhang zwischen Sprache und Wirklichkeit damit zu erklären, dass die Sprache sich aus Zeichen zusammensetzt, die für Dinge in der Wirklichkeit stehen. 'Weinflasche' steht für eine Weinflasche, und 'entkorken' für die Tätigkeit den Korken aus der Weinflasche zu ziehen. Dann steht eben 'denken' auch für eine bestimmte, mehr oder weniger fest umrissene Tätigkeit, die allerdings nicht sichtbar ist, sondern vielleicht im Kopf der jeweils denkenden Person abläuft. Wenn das so ist, dann kann man sie vielleicht sogar indirekt sichtbar machen, so ähnlich wie wir die subatomaren Teilchen aufgrund ihrer Dampfspuren im Teilchenbeschleuniger indirekt sichtbar machen: durch messbare elektromagnetische Ströme im Zentralnervensystem.
Den ersten Teil dieses Bildes finden wir übrigens z.B. im Tractatus als sogenannte Bildertheorie der Sprache, nach der die Elementarsätze logische Abbilder der Beziehung zwischen den in den Sachverhalten logisch verknüpften Gegenständen sind - wenn man davon absieht, dass Weinflaschen und Korken keine Gegenstände im Sinne des Tractatus sind, zumal sie nicht einfach in seinem Sinn sind. Und natürlich zitiert Wittgenstein in Philosophische Untersuchungen gleich am Anfang den heiligen Augustinus mit einer ähnlichen Sprachtheorie. Mit dem zweiten Teil könnten sich wenigstens ungefähr manche Proponenten der Philosophie des Geistes identifizieren.
Bevor ich nun hier fortsetze, muss ich das im letzten Beitrag gezeichnete Bild ergänzen. Was die Ablehnung der Idee, dass das Denken wesentlich auf der menschlichen Sprache beruht, auch noch motiviert, ist zusätzlich die Beobachtung, dass das Denken ein psychologischer Vorgang ist, der sprachlos ablaufen muss, da sonst nicht zu erklären wäre, dass wir manchmal wissen, was wir sagen wollen, aber den richtigen sprachlichen Ausdruck dafür nicht finden. Da ich mit minderer oder größerer Frequenz an Migräne leide, kann ich ein Lied davon singen, das über die Erfahrung kämpfender Aufsatzschreiber hinausgeht: ich weiß dann häufig ganz genau, was ich sagen will, aber das Nervensystem, das den Wunsch mit seiner Ausführung verbinden sollte, ist dann manchmal lahmgelegt. Ich kann dann nicht einmal sagen, dass ich wegen meiner Migräne nicht sprechen kann, so sehr ich gelegentlich ziemlich verzweifelt versucht habe, genau das zu tun (was mir erspart in eine Art von Lügnerparadox zu verfallen). Es geht aber bei dem Einwand in Wahrheit nicht um eine quasi mechanische Verhinderung, sondern um das Erfassen eines schöpferischen Aktes, in dem wir z. B. die richtigen Worte für ein Gedicht suchen oder eine Harmonie für eine Komposition; oder den Beweis einer mathematischen Theorie: keiner dieser schöpferischen Vorgänge läuft nach einer Formel ab. Wie immer der Zusammenhang zwischen Denken und Sprache sein mag, wir können nicht, z.B. durch Selbstbeobachtung entdecken, wie wir das richtige Wort, die richtige Harmonie, oder den mathematischen Beweis finden.
Im Moment ist das Problem, dem wir uns zu stellen haben, größer geworden. Ich hoffe wir können es in den nächsten paar Beiträgen nach und nach zum Verschwinden bringen.
DE 0003 Sprache und Denken
DE 0003
Sprache und Denken
Ich hatte vor kurzem eine unglückliche Diskussion über den Zusammenhang von Sprache und Denken, genauer, über die Frage, ob und inwiefern das Denken vom Sprechen abhängt. Unglücklich deshalb, weil es mir in der Diskussion nicht gelungen ist, die Sorge meines Gesprächspartners zu identifizieren, die ihn veranlasst den Standpunkt als absurd abzutun, dass das Denken von der Sprache abhänge.
Ich werde also zunächst einmal versuchen zu erraten, aus dem was ich von der Diskussion erinnere und ansonsten mit Hilfe von Spekulationen, was meinen lieben Kontrahenten zu diesem Standpunkt führt.
Wenn ich den Standpunkt richtig verstehe, dann geht es im wesentlichen darum, dass die Sprache als im evolutiven Sinn späte Erwerbung der Art Mensch gesehen wird, die uns in ihrer Sophistikation von anderen Tierarten unterscheidet, während wir viele andere Charakteristika besonders mit uns evolutiv nahe stehenden Tierarten teilen, namentlich mit den Säugetieren. Eine dieser Charakteristika ist die Kapazität in einer Weise zu denken, die eben nicht von der Sprache abhängt; zum Beispiel, dass man (wenn man ein Hund ist) gegen einen oder zwei kleinere Hunde zum Angriff übergehen kann, dass man aber gegen ein Rudel von Hunden die Flucht ergreift [dieses Beispiel kopiere ich ungefähr von Michael Dummett's Origins of Analytical Philosophy, Harvard University Press; Cambridge, Mass.; 1996].
Gegenüber dieser grundsätzlichen Kapazität erscheint die sprachliche Kommunikation im menschlichen Sinn als etwas oberflächliches, als rein kulturelles Gut, das dem grundsätzlichen, instinktiven und auch reflexiven Verhalten, das wir mit anderen Säugetieren teilen, aufgepfropft ist, und keinen substantiellen evolutiven Unterschied macht.
In diesem Sinn ist das menschliche Handeln sehr viel mehr durch "primitive" Instinkte geprägt und das kulturelle Verhalten, zu dem auch die Sprache gehört, sitzt an der Oberfläche und wird leicht abgeschüttelt, wie man ja (manchmal zu unserem Entsetzen) in Extremsituationen oft beobachten muss.
Ich bin ein sehr einseitig gebildeter philosophischer Arbeiter und kann keinen bekannten Denker mit einer solchen Position identifizieren; es wäre aber erstaunlich, wenn es keinen gäbe. Wie immer es sich damit verhalten mag, ich will im nächsten Beitrag versuchen mich mit dieser Position auseinanderzusetzen. Mit etwas Glück, hören wir inzwischen ob ich die Position meines Gesprächspartners einigermaßen treffend wiedergegeben habe.
Sprache und Denken
Ich hatte vor kurzem eine unglückliche Diskussion über den Zusammenhang von Sprache und Denken, genauer, über die Frage, ob und inwiefern das Denken vom Sprechen abhängt. Unglücklich deshalb, weil es mir in der Diskussion nicht gelungen ist, die Sorge meines Gesprächspartners zu identifizieren, die ihn veranlasst den Standpunkt als absurd abzutun, dass das Denken von der Sprache abhänge.
Ich werde also zunächst einmal versuchen zu erraten, aus dem was ich von der Diskussion erinnere und ansonsten mit Hilfe von Spekulationen, was meinen lieben Kontrahenten zu diesem Standpunkt führt.
Wenn ich den Standpunkt richtig verstehe, dann geht es im wesentlichen darum, dass die Sprache als im evolutiven Sinn späte Erwerbung der Art Mensch gesehen wird, die uns in ihrer Sophistikation von anderen Tierarten unterscheidet, während wir viele andere Charakteristika besonders mit uns evolutiv nahe stehenden Tierarten teilen, namentlich mit den Säugetieren. Eine dieser Charakteristika ist die Kapazität in einer Weise zu denken, die eben nicht von der Sprache abhängt; zum Beispiel, dass man (wenn man ein Hund ist) gegen einen oder zwei kleinere Hunde zum Angriff übergehen kann, dass man aber gegen ein Rudel von Hunden die Flucht ergreift [dieses Beispiel kopiere ich ungefähr von Michael Dummett's Origins of Analytical Philosophy, Harvard University Press; Cambridge, Mass.; 1996].
Gegenüber dieser grundsätzlichen Kapazität erscheint die sprachliche Kommunikation im menschlichen Sinn als etwas oberflächliches, als rein kulturelles Gut, das dem grundsätzlichen, instinktiven und auch reflexiven Verhalten, das wir mit anderen Säugetieren teilen, aufgepfropft ist, und keinen substantiellen evolutiven Unterschied macht.
In diesem Sinn ist das menschliche Handeln sehr viel mehr durch "primitive" Instinkte geprägt und das kulturelle Verhalten, zu dem auch die Sprache gehört, sitzt an der Oberfläche und wird leicht abgeschüttelt, wie man ja (manchmal zu unserem Entsetzen) in Extremsituationen oft beobachten muss.
Ich bin ein sehr einseitig gebildeter philosophischer Arbeiter und kann keinen bekannten Denker mit einer solchen Position identifizieren; es wäre aber erstaunlich, wenn es keinen gäbe. Wie immer es sich damit verhalten mag, ich will im nächsten Beitrag versuchen mich mit dieser Position auseinanderzusetzen. Mit etwas Glück, hören wir inzwischen ob ich die Position meines Gesprächspartners einigermaßen treffend wiedergegeben habe.
Friday, October 9, 2015
DE 0002
Ludwig
Wittgenstein hat Gottlob Frege sein Leben lang als profunden Denker und auch
als Mensch geschätzt. Vgl. Erich Recks Aufsatz »Wittgenstein’s
„great debt“ to Frege« in From Frege to
Wittgenstein: Perspectives of Early Analytic Philosophy, Erich H. Reck,
ed.; Oxford University Press; New York; 2002 oder auch Cora Diamonds Beitrag „Inheriting
from Frege: the work of reception, as Wittgenstein did it“ zu The Cambridge Companion de Frege,
Michael Potter and Tom Ricketts, ed.; Cambridge University Press; Cambridge; 2010, in dem sie eine Parallele sieht zwischen
der Art, in der Frege den genialen Philosophen Immanuel Kant kritisch
diskutiert, und Wittgensteins kritische Behandlung Freges im Tractatus, der zu einem viel größeren
Teil direkt von den Diskussionen mit Frege inspiriert ist, als gemeinhin
angenommen wird, wenn man den Tractatus
im Wesentlichen als Weiterentwicklung des Logizismus von Russell und als
Verwerfung der Thesen Freges sehen will. Wittgenstein, ganz anders ans Baker
& Hacker, zum Beispiel (Logical
Excavations), die in Frege einen halben Mathematiker und einen halben
Philosophen sehen, also niemanden, den man wirklich ernst nehmen muss, und im
Unterschied zu den Zeitgenossen Freges, die seine Revolution der Logik kaum
wahrgenommen haben, hat Wittgenstein die philosophische Tiefe des Logikers aus
Wismar zum Kompass seiner eigenen philosophischen Suche gemacht.
Schon Hans Sluga
hat darauf hingewiesen („Truth before Tarski“ in Alfred Tarski and the Vienna Circle, J. Wolenski & E. Köhler,
eds.; Kluver; Dordrecht; 1999), dass wir
den Fortschritt in unserer formalen Beherrschung der Wahrheit damit erkauft
haben, dass „uns einige der tiefsten Einsichten in Bezug auf das philosophische
Problem der Wahrheit entschlüpft sind.“ (zitiert nach Cora Diamond: „Truth
before Tarski“ in Erich Reck ed., op.cit.); in etwa die selbe Richtung zielen
auch Arbeiten von van Heijenoort, Hintikka, Ricketts, Goldfarb, Conant, Haaparante,
Weiner, u.v.a.m.
Meine nächsten
Beiträge werden wohl zunächst in der Hauptsache Berichte sein über die
Sichtweise, die diese und andere Autoren über die Rezeption Freges durch
Wittgenstein und inwieweit eine Revision dieses Aspekts der Geschichte der
(analytischen) Philosophie auch eine neue Diskussion des Tractatus selber notwendig macht. Im Zuge dieser Betrachtung werden
wir sicher auch über Conants Unterscheidung zwischen „standard“ oder „orthodoxen“
einerseits und „resoluten“ Wittgensteinlesern andererseits nachdenken.
Ich denke, damit
haben wir zunächst ein recht dichtes Programm.
Wednesday, September 9, 2015
E 0050
Intento ahora regresar a mi discusión del argumento de
Frege en § 31 de GGA I, después de una pausa excesivamente larga.
Sobre todo en el mensaje # 0038, pero no sólo ahí, yo
había intentado descreditar la afirmación de Dummett y de otros que Frege no
tiene éxito en su intento de demostrar que todos los nombres de la
conceptografía tienen significado, ya que piensan que su argumento es circular.
Quiero ahora muy brevemente resumir un argumento diferente de Joan Weiner que
tiene el mismo objetivo, que se encuentra publicado en la antología editada por
Erich H. Reck, From Frege to Wittgenstein,
un libro que, ciertamente, recomiendo ampliamente. En su argumento Weiner da
razones adicionales y diferentes de las mías para pensar que Frege está
proponiendo –al menos implícitamente- una teoría semántica, o como ella lo
llama, una metateoría sobre los lenguajes simbólicos. Si Frege estuviera
tratando de demostrar, como sugiere la lectura “estándar”, que cada nombre en
el lenguaje simbólico usado en GGA I denota una entidad extra-lingüística,
entonces tal argumento efectivamente resultaría en una petición de principio.
Me parece que ella demuestra de manera muy convincente que Frege no hace ningún
intento de demostrar esto y, además, que tal demostración, si fuera posible, no
cumpliera ningún objetivo en la construcción de sistema que Frege pretende.
El argumento de Weiner es muy detallado y no pretendo
presentar aquí más que algunas de sus características más sobresalientes;
espero no distorsionarlo excesivamente. Lo que sigue será mi resumen de una
postura inspirada en la propuesta de
Weiner; no me importa demasiado representar un resumen fiel a las ideas de su
ensayo. Más bien me importa sacar adelante nuestra discusión sobre Frege.
Recomiendo, en todo caso, la lectura del ensayo de Weiner y, todavía más, el de
todo el libro.
Una de las primeras cosas que debemos tener en cuenta,
según Weiner, es que los nombres primitivos de la conceptografía son nombres de
funciones, no nombres de objetos. Lo que Frege tiene que asegurar es que estos
nombres de funciones tienen significado. Pero siendo nombres de funciones, su
significado no puede ser en ningún caso
un objeto extralingüístico. Es decir, la idea de que el párrafo 31 de Leyes
fundamentales tiene la tarea de asegurar que todos los nombres primitivos de la
conceptografía tengan un referente no tiene fundamento. Hay que distinguir
entre la preocupación de Frege de que los nombres de la conceptografía sean
significativos, y la exigencia muy distinta de que cada nombre propio designe
un objeto. Para enfatizarlo una vez más: en la conceptografía no existen
nombres propios primitivos ni simples.
En el índice de Grundgesetze
Frege da títulos a los diferentes párrafos. El título del § 31 es: “Nuestros
nombres simples significan algo”. Esto viene siguiendo al § 28 con el título, “Formación
correcta de los nombres”, § 29 “¿Cuándo un nombre significa algo?” y § 30 “Dos
maneras de formar un nombre”.
Después de lo que acabo de atribuir a Weiner, ‘significar
algo’ es sinónimo de ‘ser significativo’. Lo que ‘significar algo’ no quiere decir sin más calificación, es
‘ser nombre de un referente’.
Si se toma en serio lo anterior y los títulos que Frege
pone a sus párrafos o secciones del libro, es claro que el § 31 continúa con un
tema que empieza en el § 28 y cuyos detalles se siguen desarrollando en los
siguientes párrafos. En estos párrafos aprendemos que los nombres primitivos de
la conceptografía tienen garantizado su significado porque, siendo signos arbitrarios,
este significado se estipula para ellos. Un ejemplo de esto que vimos con
bastante detalle es la estipulación que Frege hace para determinar el
significado de los cursos de valor y su relación con los valores de verdad en
el § 10. Ahí, lo que Frege hace además, es asegurar que tal estipulación no
entra en conflicto con otras estipulaciones anteriores.
Todo lo que hace Frege, entonces, en el § 31 es continuar
con este tipo de estipulaciones a un nivel universal, usando lo explicado en
los §§ anteriores. No se ve por ninguna parte que Frege esté tratando de
formular ninguna teoría universal sobre la relación entre signos y entidades
extralingüísticas. Las afirmaciones contrarias de un gran número de eruditos,
empezando por Dummett y pasando por Kripke, parecen estar basadas meramente en
la expectativa que el sistema de Frege tiene
que tener semejante “metateoría”, como Weiner lo llama. Una vez más, tal
expectativa, nacida del paradigma “estándar”, parece frustrarse.
Esto no quiere decir que el § 31 bajo la lectura de Weiner
esté libre de problemas. Además, el asunto como lo presenté, probablemente, sea
excesivamente simplificado. Quizá entremos un poco más en detalles en uno de
los próximos mensajes en español.
Saturday, September 5, 2015
EN 0001
Kripke’s Frege
I have to
apologize, to start with, for the way I am writing this section of my blog: While
the style of my contributions in German and in Spanish may be lacking, I think I
may say with some justification that I do dominate these languages. It is true,
though, that definitively my German is still better than my Spanish. It’s a
different story with English. Thank you for your tolerance. If you go through
the trouble of commenting on my mistakes in syntax, grammar, idiom, etc., I
will greatly appreciate your help.
I have been
commenting on Kripke’s proposal to treat Fregean senses as objects of direct
acquaintance in Russellian style, sort of, in the Spanish section of this blog.
I plan on initiating the English section of the blog with a more explicit and
ample discussion of Kripke’s idea. My main point, though, will not be whether
Kripke is right or wrong; I think that would be something that cannot be
established. But rather, why I think dealing with Frege’s doctrine in a way
that would make it more compatible with Russell’s system is leading Frege scholarship
in particular and philosophy in general in a wrong direction.
But, of
course, what I’m going to try in concrete is to show that Kripke’s arguments,
one by one, are not helping Frege’s doctrine to become more acceptable, but
make it look even crazier than it already does under the “standard”
interpretation. And that neither his reading of Frege will therefore go as a
piece of scholarship, nor will the “standard” interpretation be able to
withstand in the long run the criticism flowing from a more balanced view of
Frege.
The paper
by Kripke I’m going to discuss here is
Saul A.
Kripke; “Frege’s Theory of Sense and Reference: Some Exegetical Notes” in Theoria, 2008, 74, 181–218 based on a
transcript of a lecture given in Stockholm, Sweden, on 24 October 2001. The
article is also re-published in Saul A. Kripke; Philosophical Troubles; Collected Papers, Volume I; Oxford
University Press; Oxford, New York; 2011.
‘”Standard”
interpretation’ is not meant as a clearly defined term. It refers vaguely to
the opinion that some parts of Frege’s doctrine cannot seriously be held; such
as: that sentences are names of truth values if they have a meaning at all, that
truth values are objects, that the concept horse is not a concept, things like
these, that can be found already argued against in Russell’s Appendix A of Principles of Mathematics or in Anscombe’s
An Introduction to Wittgenstein’s Tractatus.
Friday, September 4, 2015
DE 001
Das war nun eine lange schöpferische Pause. Dafür startet der neue Versuch auf Deutsch.
Das Thema ist
zunächst noch sehr vage. Hoffentlich wird es mit der Zeit spezifischer. Wie auch bei meinem spanischen Blog, ist das hier recht eigentlich eine Spielwiese, auf der ich meine unausgegorenen Ideen ausprobiere; wenn ich Glück habe, sagt
jemand was dazu und hilft mir so weiter.
Das
Überthema ist also
VON GRUNDGESETZE ZUM TRACTATUS
und ich
versuche dabei an Hans Slugas allgemeine Feststellung anzuknüpfen, dass wir mit
Tarskis semantischem Konzept der Wahrheit an technischem Geschick in der
Handhabung symbolischer Sprachen gewonnen haben, aber gegenüber Frege, Russell
und Wittgenstein an philosophischer Tiefe beim Nachdenken über das Problem der
Wahrheit verloren haben. Was ich andeuten will, ist, dass wir vielfach zu
leichtfertig von einem Erklärungsmodell ausgehen, das an unseren praktischen
und konventionellen Bedürfnissen orientiert ist. Die Motivation der
analytischen Philosophie, die eigene Vorgeschichte als die Genesis des
gegenwärtig als wahr und richtig anerkannten Weltbildes und der eigenen Methodologie zu lesen, ist zu beschränkt.
Ein etwas
konkreteres und näher liegendes Problem ist, dass Wittgenstein sich in seiner
Kritik an Elementen von Freges Lehre sich ja ganz einfach über die Gründe
hinweggesetzt zu haben scheint, die Frege für seine Behandlung dieser Fragen
hatte; der Zusammenbruch ihres Dialogs über den Tractatus mag ja auch damit zusammenhängen.
Ich möchte hier
versuchen einen Beitrag zur These zu leisten, dass Wittgenstein mindestens so
nahe an Frege war wie an Russell, und dass es trotz aller Unterschiede und
aller Kritik mehr Gemeinsames gab – vor allem im Vergleich mit der
philosophischen Entwicklung außerhalb des magischen Dreiecks
Frege-Russell-Wittgenstein. Aber es wird nicht ganz einfach sein das aufrecht
zu erhalten angesichts des an den Tag gelegten Unverständnisses Freges (wie
sollte er Wittgenstein in Richtung 6.54 folgen können?) und den Zweifeln, die
man daran hegen könnte, wie weit Wittgenstein Freges Motive für seine Lösungen
zutiefst in Rechnung gestellt hat.
Noch
konkreter möchte ich mit der folgenden Frage beginnen: Wenn ich Frege richtig
verstehe, dann ist für ihn die Einheit des Sinnes der Satz. Der Sinn von
Satzteilen, die selber kein Satz sind, entsteht durch die (willkürliche,
konventionelle) Zerlegung des Satzes. So entsteht auch Freges Auffassung des
Wahren als eines Gegenstandes. Im Tractatus
selber zeigt ja Wittgenstein mit keiner Miene, dass er Freges Motive
verstanden hat, sondern geht einfach von Russells Theorie der Beschreibungen
aus. Aber 2.0122 könnte man als ein Eingehen auf Freges Motive deuten, unter
einem Gesichtspunkt, der ansonsten Russells logischem Atomismus anzugehören
scheint. Aber dieses Thema droht immer noch auszuufern...
Ich habe
keine Ahnung wie regelmäßig ich an diesem Blog schreiben werde. Hegen Sie bitte
keine zu hohen Erwartungen.
# Ende des
ersten Beitrags auf Deutsch #
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