Thursday, May 19, 2016

DE 0015 Sprache und Denken

# DE 0015

Daniel Dennett ist ein außerordentlich attraktiver Philosoph, der seine Argumente mit Witz und Eleganz vorträgt, und er ist der solidarischste Kritiker den ich kenne. Ein gutes Beispiel ist sein Buch Darwin's Dangerous Idea, das ich warm empfehle, wenn Ihr es nicht gelesen habt. Er ist es, der in etwa sagt, dass man die Position eines philosophischen Gegners zuerst so gut zusammenfassen muss, dass der Gegner sagt: "Ja, das ist es, was ich sagen wollte. Ich wünschte, ich hätte das so gut ausdrücken können." Und erst dann darf man dazu übergehen, die Schwachpunkte und Fehler des Arguments aufzuzeigen.

Peter Hacker ist mehr oder weniger das Gegenteil davon. Er ist ein Protzer, Dogmatiker und versucht seine Gegner zu zerfetzen, bevor sie noch richtig gesagt haben, was sie eigentlich sagen wollen, und es ist ihm schnurzegal ob er die Position seiner Gegner richtig darstellt oder nicht. Außerdem hat er eine Idee von Wittgenstein, die diesen ganz im Licht der Tradition de analytischen Philosophie sieht, und wenn er auch sicher Wittgensteins Philosophie besser kennt als ich - er hat sie ja praktisch sein ganzes Leben lang studiert, während ich meine Zeit damit verbracht habe mit Managern von Autofabriken auf dem Golfplatz herumzuspazieren - glaube ich doch, dass sein Verständnis von Wittgenstein zu sehr von seinen eigenen philosophischen Zielen verzerrt ist. Wahrscheinlich liegt das daran, dass Wittgenstein eben kein Gelehrter war, und seine philosophischen Ausführungen die wohlwollende Behandlung durch ausgelernte und professionelle Philosophen brauchen. Nun, wahrscheinlich tue ich Hacker unrecht. Wie immer, ich hege keine große Sympathien für ihn (außer, dass ich das allermeiste, was ich über Wittgenstein weiß, zuerst bei ihm gelesen habe).

Dennett hat ein Buch geschrieben mit dem Titel Consciousness Explained. In dem Buch von Bennett und Hacker, das wir schon kennen, lassen die beiden Autoren (unter vielen anderen) von Dennetts Erklärungen in diesem seinen Buch wenig übrig. Nun, mir gefällt ihr Stil nicht. Aber ich denke, dass sie im wesentlichen recht haben.

Wir werden diesen Streit nur ganz an der Oberfläche darstellen können - das Thema ist noch wesentlich weitläufiger als die Frage was zuerst kommt, die Sprache oder das Denken (Die Assoziation mit Henne und Ei kommt hier übrigens ganz zurecht auf).

Dennetts Buch beginnt, wo es wirklich losgeht, in Kapitel 2 auf Seite 21, mit den Worten: "Das menschliche Bewusstsein ist das beinahe letzte überlebende Mysterium." In anderen Worten, es ist -sagen wir mal- ein Phänomen mit dem wir ständig konfrontiert werden, zu dessen Erklärung uns aber nichts Gescheites einfällt.

Den Rest des Buches widmet Dennett mehr oder weniger der Erklärung dieses Phänomens. Er behauptet am Ende nicht, dass seine Erklärung vollständig ist. "Alles was ich wirklich getan habe", sagt er, "ist eine Gruppe von Metaphern und Bildern mit einer anderen zu ersetzen." Das ist aber nicht etwas, was belanglos ist. "... Metaphern sind die Werkzeuge des Denkens." Setzt Dennett fort. "Niemand kann über das Bewusstsein ohne sie nachdenken, es ist deshalb wichtig, dass wir uns mit den besten Werkzeugen ausrüsten, die uns zur Verfügung stehen."

Bennett und Hacker zeigen in ihrem Buch auf, dass diese Behauptung Dennetts schlicht falsch ist, und dass, in Metaphern über ein Problem nachzudenken, höchstens neue (mysteriöse) Schimären produziert. Wir werden nächstens versuchen dieser Demonstration wenigstens ein bisschen zu folgen, und auch ein bisschen zu sehen, was es mit diesem "letzten Mysterium" nun in der Tat auf sich hat.

Dennett, Daniel C.; Conscousness Explained; Little, Brown and Company; Boston, New York, Toronto, London; 1991

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