Wednesday, May 25, 2016

DE 0020 Sprache und Denken

# DE 0020

Es war ein Fortschritt, dass uns klar geworden ist, dass wir von der Farbe auf dem Auto reden, wenn wir sagen, das Auto sei blau oder rot, und nicht etwa von dem Farberlebnis, das ich dabei in meinem Geist oder in meiner Seele habe, und das vielleicht für jeden von uns ganz verschieden ist (vielleicht sogar so, dass der Farbeindruck, den ich vom roten Auto habe, der gleiche ist, den Du hast, wenn Du ein blaues Auto siehst) [Vgl. Philosophische Untersuchungen 272 - 280. Gegen Ende dieser Folge von Kommentaren heißt es:

278. "Ich weiß, wie mir die Farbe Grün erscheint" - nun, das hat doch Sinn! - Gewiss; welche Verwendung des Satzes denkst du dir?
279. Denke dir einen, der sagte: "Ich weiß doch, wie hoch ich bin!" und dabei die Hand als Zeichen auf seinen Scheitel legt!]

Die "privaten Farbeindrücke" - könnten sie spezielle Namen erhalten, die sie von den öffentlichen Farben unterscheiden? [PU 273] z.B. 'rot' ist die Farbe auf dem Auto, und 'rot*' der Eindruck den ich davon habe, oder die 'Qualia', wie das seit dem letzten Viertel des XX Jahrhunderts begeistert von einigen Anhängern der Neurophilosophie genannt wird. Bennett und Hacker widmen auch diesem Thema einen erheblichen Teil von PFN, aber wir lassen es, jedenfalls vorläufig, damit bewenden, dass wir von der Farbe des Autos reden, wenn wir 'rot' sagen, und nicht von einem privaten Erlebnis.

* * * * *

Es gibt aber nun noch einen Einwand gegen den Vorschlag, dass wir den Begriff der Farbe brauchen um Wörter wie ´rot´ oder 'blau' zu verstehen:

"Ich muss doch wissen, ob ich von der Farbe rede, wenn ich ein Auto rot oder blaue nenne, und nicht von seiner Bereifung oder der Anzahl der Türen. Ganz unabhängig von meiner Beherrschung von Begriffen wie 'Farbe'." Damit hängt vielleicht auch zusammen: "Ich weiß doch, was ich meine, auch wenn ich mich im Ausdruck irre. Es kommt doch vor, dass ich ´Hallo Karl' sage, aber 'Hallo Peter' meine. Das ist kein Hindernis für mich zu wissen, dass ich von Anfang an Peter gemeint habe, und nicht Karl, auch wenn ich 'Karl' gesagt habe."

Die kurze Antwort ist, dass 'meinen' nicht eine bestimmte Tätigkeit bezeichnet, sondern je nach den Umständen ganz Verschiedenes. Aber in keinem Fall handelt es sich dabei um einen inneren (psychologischen) Mechanismus, der mir erlauben würde einen inneren Zustand z.B. mit einem gesprochenen Wort zu verknüpfen. Wittgenstein behandelt das Meinen in dem Sinn, der hier für uns relevant ist, in einer recht langen Serie von Kommentaren von 661 bis 693. Am Ende der Serie, das gleichzeitig das Ende von Teil I ist (d.h. das Ende des Teils, den Wittgenstein selber weitgehend zur Veröffentlichung vorbereitet hat), heißt es:

"693. Wenn ich Einen [eine bestimmte Technik] lehre, meine ich doch, er solle [... ]." - Ganz richtig: du meinst es. Und offenbar, ohne notwendigerweise auch nur daran zu denken [im Beispiel kommt die Verblüffung daher, das der Schüler das scheinbar Selbstverständliche nicht tut]. Das zeigt dir, wie verschieden die Grammatik des Zeitworts 'meinen' von der des Zeitworts 'denken' ist. Und nichts Verkehrteres, als Meinen eine geistige Tätigkeit nennen! Wenn man nämlich nicht darauf ausgeht, Verwirrung zu erzeugen. (Man könnte auch von einer Tätigkeit der Butter reden, wenn sie im Preis steigt; und wenn dadurch keine Probleme erzeugt werden, so ist es harmlos.)

[Die Teile in eckigen Klammern sind von mir eingefügt und ersetzen zum Teil einen Text, der sich auf frühere Beispiele bezieht. Die Hervorhebung ist von mir.]

Ich hoffe ich habe den Einwand wenigstens vorläufig genug von unserer Diskussion getrennt, dass wir nun wieder zur Frage der Begriffe im Rahmen unserer Überlegungen zurückkehren können.


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